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Traumziel Mongolei

  • Autorenbild: Peter
    Peter
  • vor 1 Tag
  • 4 Min. Lesezeit

Was Freiheit für uns bedeutet


Freiheit hat viele Gesichter. Für die einen ist es ein leerer Kalender, für die anderen ein voller Tank. Für uns beginnt sie dort, wo die Strasse aufhört. Wo kein Plan mehr gilt und kein Handyempfang bleibt.


Freiheit fühlt sich nicht immer leicht an. Manchmal ist sie Wind gegen die Windschutzscheibe, Staub im Gesicht, oder ein Moment, in dem du merkst, dass du dich auf nichts verlassen kannst – ausser auf dich selbst und das, was dich trägt.


Vielleicht ist das der Punkt, an dem Freiheit anfängt: Wenn du aufhörst, sie zu suchen. Und einfach fährst.




Die Mongolei – ein Traum wird greifbar


Die Mongolei stand schon seit Jahren auf meiner Liste. Doch sie liegt nicht gerade um die Ecke – und dorthin zu gelangen, ist kein Sonntagsspaziergang. Eine Möglichkeit wäre mit einem Mietfahrzeug zu fahren. Müsste eigentlich funktionieren, so wie in Namibia. Doch verlässliche und gute Informationen oder Reiseberichte dazu gab es nur wenige.


Der Traum blieb also – still, aber beharrlich. Bis wir Frida kauften. Plötzlich war er greifbar.

Nach der Durchfahrt durch Xinjiang erreichten wir beim Grenzübergang Takeshiken / Bulgan mongolischen Boden. Schon nach wenigen Kilometern fühlte sich alles anders an. Die Ausreise aus China hatte ewig gedauert, wir kamen spät an, übernachteten auf einem LKW-Stellplatz – nichts Besonderes. Und doch lag etwas in der Luft. Die Landschaft wurde weiter, hügeliger, das Licht klarer, die Stille tiefer. Schon fast so, wie man sie sich vorstellt.


Die nächsten Tage bestätigten, was wir ahnten: Die Mongolei ist ein Sehnsuchtsort. Wir standen oft einfach nur da und schauten. 360 Grad Weite – kein Anfang, kein Ende. Wie so oft auf dieser Reise fühlte sich alles unwirklich an, und doch war es echt.


Unsere Route war grob gesteckt: ein Stück Altai, entlang des Mongol Els, der Vulkan Khorgo, der Chuulut Canyon, das Orkhon Valley und die abgelegene Gobi mit ihren Sandsteinformationen. Ulaanbaatar war Pflichtprogramm – Visa verlängern, Formulare, Warten. Der Rest: pure Freiheit.




Ist die Mongolei ein Offroad-Paradies?


Wenn man „Offroad“ sagt, lächelt die Mongolei nur müde und schüttelt die Steppe aus dem Fell. Asphalt ist hier höchstens ein höflicher Vorschlag – nach ein paar hundert Kilometern winkt er dir zum Abschied, und dann beginnt die wahre Strasse: ein Fächer aus Spuren, die sich wie Flüsse durch die Landschaft ziehen, gabeln, verlieren – um im Nichts zu verschwinden.


Wenn ein Hirte beschliesst, ein Stück weiter östlich zu fahren, entsteht eine neue Spur. Nach einem Sommerregen verwandelt sich dieselbe Strecke in eine braune Ader aus Matsch und Steinen. Kein Schild, kein Kilometerstein, kein Versprechen.


Die Mongolei ist kein Offroad-Paradies mit ausgeschilderten Trails oder Schwierigkeitsgraden. Sie ist die Bühne selbst. Ein Land, das dich mit endlosem Horizont empfängt und sagt: Mach, was du willst – aber trag die Konsequenzen. Flüsse ohne Brücken. Pässe mit Schneeflecken im Juli. Steppenstaub, der sich wie Mehl überall hineinsetzt. Und Dörfer, in denen es zuverlässig drei Dinge gibt: Wodka, Benzin und Schrauben.


Mit Frida unterwegs zu sein fühlt sich an, als wärst du in einer alten Marlboro-Werbung gelandet – ein Traum für alle, die Freiheit suchen, ein Albtraum für jene, die Sicherheit brauchen.




Die Hauptpisten – etwa zwischen Ulaanbaatar, Olgii und Dalanzadgad – sind mit 4x4-Fahrzeugen befahrbar, doch selbst dort kann der Weg plötzlich enden: ein Fluss zu tief, eine Brücke eingestürzt, ein Umweg durch Steppe, in der nur der Wind die Richtung kennt. Manchmal verlaufen fünf oder zehn Tracks nebeneinander, wie parallele Möglichkeiten. Du wählst einen – oder ziehst deine eigene Spur.


Der Boden wechselt ständig: harter Lehm, rollender Kies, tiefer Sand. Wellblechpisten, direkt aus der Hölle. Nach Regen werden Täler sumpfig, im Sommer bretthart. Eine harmlose Senke kann dich bis zur Achse einsinken lassen – oder sich so weich fahren, dass sie sich anfühlt wie Wellenreiten.





Ein landschaftlicher Louvre


Es gibt Orte, an denen die Welt aufhört, gezeichnet zu sein. Keine Linien mehr, keine Namen. Nur noch Wind und Richtung.Die Mongolei ist so ein Ort – ein Stück Erde, das sich weigert, gezähmt zu werden. Man fährt hinein wie in ein ungeschriebenes Buch: Seite um Seite aus Gras, Staub, Steppe und Himmel.


Wenn der Wind über die Ebene zieht, flüstert er Dinge, die wir einmal wussten, aber vergessen haben:Dass Kontrolle eine Illusion ist.Dass Stille lauter sein kann als jeder Motor.Dass ein Sonnenuntergang, den niemand sieht, trotzdem stattfindet – und dass wir jetzt Teil davon sind.





Die Zivilisation liegt weit hinter uns. Nur Frida brummt noch – treu wie ein Herzschlag, der uns daran erinnert, dass wir leben. Wir lernen, das Fahrzeug nicht zu fahren, sondern zu fühlen. Jeder Schlag im Fahrwerk, jede Vibration wird zur Sprache. Und in dieser Sprache erzählt uns die Welt Geschichten, die kein Navi kennt.


Da draussen, wo die Nacht so schwarz ist, dass wir Sterne sehen, die keine Namen tragen, bleibt nichts mehr zu tun – ausser weiterzufahren, zu atmen, zu staunen.Und irgendwann, mitten in dieser Unendlichkeit, begreifen wir:Es gibt keinen Weg – nur Weite.


So viel Freiheit haben wir selten gespürt – und hoffentlich genug davon aufgesogen für den Rest unseres Lebens.





 
 
 

3 Kommentare


Ann-Kathrin
vor 12 Stunden

Ich hatte Gänsehaut beim Lesen 😮‍💨 Wow! ❤️ Spurmacher! Im wahrsten Sinn! Danke für den tollen Beitrag !!!

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Mutter Wiesner
vor einem Tag

Der Beitrag von Petra und Rainer, war so treffend ausgedrückt, ich hätte es nur schlechter machen können! Vielen herzlichen Dank euch beiden! Und dir Peter für die Herzerweichende Schilderung!❤️

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Petra und Rainer
vor einem Tag

Wahnsinn! Ihr solltet ein Buch schreiben. Die Worte sind so wunderbar gewählt, so poetisch, man kann jeden Moment, jedes Gefühl mit aufnehmen und fühlt sich, als wäre man bei euch! Auf die Freiheit. Grüße aus Kalifornien. Da fährt man überwiegend die vorgegebenen Wege entlang - aber auch schön 🥰

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